(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 91)
Der Prediger Christophorus Selharnmer; ein Landsmann von uns, gebürtiger Burghausener und in Salzburg gestorben, hat zwischen 1678 und 1708 mehrere dickleibige Predigtbücher geschrieben; hören wir uns den Ausschnitt einer Predigt an, die uns zeigt, mit welchen Problemen damals vor 300 Jahren die Lehrer zu tun hatten.
"Neben den Eltern stehen in einem Siedl die Schulmeister, von denen die Kinder oft weit mehr empfangen, ihnen also weit mehr Dankbarkeit schuldig sind, als ihren eigenen Eltern. Diese geben ihren Kindern Fleisch und Blut, jene aber neben der Wissenschaft allerhand gute Lehren. Diese geben ihnen, nächst Gott, das zeitliche Leben, jene aber ein christliches, ein frommes und gottesfürchtiges Leben, wodurch sie in das ewige Leben befürdert werden. Was diese Schulmeister, wanns ihr Amt recht versehen wollen, mit ungezognen Fratzen für große Mühe haben , dieses will man insgemein nit glauben, was sie bei der unbändigen Jugend Jahr und Tag zu leiden, was für groben Gestank sie einzunehmen haben, wieviel Staub sie hineinfressen, wie oft sie ein Sach einknien, wie sie stets schreien und an ihnen plenklen müssen, bis sie oft ganz heiser, nicht mehr reden können, das will man insgemein nicht erkennen.
Geschicht aber viel huntertmal, daß auch die schuldige Dankbarkeit gegen ihnen gar schlecht abgelegt werde, da doch der weltweise Aristoteles öffentlich vermeldet, den Göttern, den Eltern und Schulmeistern könne man niemals genug Dankbarkeit erstatten; aber wie grob, wie ungeschlacht wird ihnen manchmals ihr väterliche Sorg, ihr unablässige Müh mit Undankbarkeit belohnet. Der hohe Kirchenlehrer Augustinus gab vor diesem zu Mailand einen lateinischen Schulmeister ab und hielt öffentlich, wie man redt, die sechste Schul. Weil aber bei Ausgang der Quatember, wo man ihm sein wohlverdientes Quatembergeld liefern soll, vieler Knaben ausgestanden, ihm auch sein Lidlohn niemand eintreiben wollt, hat er sich endlich, dieser mühseligen Fröttarbeit gänzlich entschlagen und die ganze Schulmeisterei andern übergelassen, als von ihm Baronius bezeugt. Dem heiligen Cassiano hat man seine Mühe und Arbeit endlich zuletzt gar mit der Marter belohnt, dann wie bekannt sie haben ihn hart an die Säul gebunden, seine eigene Schulknaben, ihm mit Pfriemen und Federmesserlein, mit Biron und Schreibzeug, mit Nägeln und Nadeln zu Tod gestochen. Wäre der heilige Arsenius nit aus himmlischen Antrieb in die Wildnus geflohen, so wäre mit ihm ebenso grob Arcadius, Kaiser Theodosus übel verhetzter Prinz, verfahren, als Nero mit dem Seneca. So gehets noch heut. Die man ihrer Mühe, Sorg, Lieb und Treu halber nie genug ehren und lieben kann, verfolgt man bis in den Tod, die von ihnen empfangene Gnaden und Guttaten druckt man in Staub und Aschen, den der nächste geringe Wind verwehet. Die von ihnen eingenommene Datzen, da man wohl blutige Striemen verdient, grabt man in harten Marmelstein hinein, damit man solcher niemal vergessen soll. Hat vor Zeiten ein Vater seinen Sohn in die Schul gedingt und vor den Schulmeister geführt, hat er zugleich dem Schulmeister drei frische Besen eingehändiget, so der Bub selbst hat tragen müssen, ihm dabei ernstlich zugesprochen, er soll den Bueben nur wohl unter die Sporn nehmen, hab er diese drei Besen zerfetzt, wolle er ihm drei frische verschaffen. Jetzt will man aber auch oft am Gäu nit mehr leiden, daß man meisterlose und stinkfaule Bueben viel kartetschen soll. Wie laßt sich dann aus ihnen was ziehen? Will ein guter Schulmeister ein Ernst brauchen und was strafmäßig ist mit Manier züchtigen, so sagt man schon, er werf mit Prügeln drein. Also machen die Eltern ihre eigene Kinder ganz zaumlos und verwegen, wann sie sich an ihr Pflennen viel kehren wollen. Vielmehr soll man die Kinder selbst in die Schul hineinstreichen und dahin zwingen, daß sie dem Schulmeister umb sein väterliche Zucht noch schuldigen Dank erstatten. Also stunde es weit besser auf dem Land, wann man fleißigen Schulmeistern wider ihre sträfliche Schulkinder recht die Stangen halten wollt."