(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 70)
Der große Kenner der oberbayerischen Landschaft Josef F. Lentner, der im Auftrag König Max II unseren Rupertiwinkel im Jahre 1850 beschrieb, berichtet auch von den Hausformen und den Wohnungen unserer Vorfahren.
„Im südlichen Teil des ‚Salzburger Landes’ (= Rupertiwinkel) bestehen die Wohnungen in einem Gebäude, das die Räume für die Bewohner und die Bauwirtschaft zugleich einschließt. Sie sind im Gebirgsstil meist zur Hälfte aus Holz gebaut, man sieht auch noch sehr viele ganz alte Holzbauten. Eine Eigentümlichkeit derselben ist, dass die beiden Giebel des etwas steilen Daches an der Spitze zurückgelegt sind (= Halb- oder Krüppelwalm), unter welchem Giebel sich gleichlaufend mit der unteren Laube (Balkon) eine zweite mit Brettern verschlagene Galerie (ebenfalls Balkon) befindet. Die Ornamente in den Ausschnitten der Laubgeländer und Schalbretter sind von ältester Form; Bemalungen sind selten oder einfach rot oder schwarz, häufig sieht man rote Fensterläden mit einem weißen Andreaskreuz. Im nördlichen Teil des Rupertiwinkels, wo der Grundbesitz sich steigert, steht neben dem Wohnhaus ein Gebäude, zur Hälfte Stall, zur Hälfte offener Stadel.“
Das Innere des Hauses beschreibt Lentner wie folgt: „Nach seiner inneren Einteilung betritt man im Wohnhause zuerst die Fletz, das sich nach der ganzen Quere durch das Haus zieht. Rechts neben der Haustür führt die Treppe in den oberen Stock, ihr gegenüber steht die Gartentüre und unter dem Fenster daneben ein Tisch, an welchem des Sommers gegessen wird. Rechts unter der Treppe ist die Ehekammer, dahinter eine Nebenkammer für die Kinder, links führt die Türe in die Stube, an welche Küche und Speisekammer stößt und gegenüber der Stubentüre öffnet sich die des Roßstalles, in welchem auch die Knechte schlafen. Das obere Stockwerk über dem Fletz einen Gang, Söller genannt, aus dem eine Tür auf die Galerie oder Laube führt; über der Ehekammer liegt die Kirchtagkammer und dahinter das Kammerl, oberhalb der Stube die ‚gute Stube’ und über der Küche die ‚Menscherkammer’, wo die Dirnen schlafen; der Raum über dem Stall dient als Heueinlage. In den neueren Häusern befindet sich manchmal im ‚Oberhaus’ (d.h. im 2. Obergeschoß, unter dem Dach) die Korneinschütt. Die Bauweise ist äußerst schlicht und entbehrt der Ornamentik des Gebirgischen ganz. Freilich fehlen nicht die Wetterkreuze an den Giebeln und die Türmchen mit der ‚Maierglocke’ auf den Wohnhäusern. Ein mäßig breiter Streifen am Wohnhaus ist gepflastert und heißt die ‚Gräd’. Die Nebengebäude haben nach außen hin wenig Fenster, wodurch das ganze Gehöft den Anblick eines abgeschlossenen Kastells, aber auch etwas sehr unbildsames und freundliches gewinnt.“
Kurz wird auch die Einrichtung beschrieben: „Die Tische von Ahorn und Nußholz, die Stuben halb getäfelt, in den Kammern Doppelbettstätten, Hängkästen und Truhen; selten findet man moderne Möbel, an denen höchstens die Form, nicht aber der Stoff auf vornehme Nachahmung schließen lässt, wie denn überhaupt der Bauer alles vermeidet, was seinen Wohlstand verraten könnte.“
Lentner berichtet noch von einigen Hochzeitsbräuchen: „Zur Einladung machen sich der Prokurator, Hochzeiter und der Bruder oder der Vater der Braut als Hennenklemmer und Hundswehrer auf den Weg, die beiden letzteren tragen Säbel mit sich. Hie und da ist auch ein Tanz damit verbunden.“ Es wird noch das „Betengehen“ (Brautexamen) erwähnt und das da und dort noch übliche Einsegnen des Ehebettes durch den Geistlichen. Die Braut salzt die Suppe oder das Kraut in der Küche und spendet ihr Trinkgeld in den Schöpflöffel. Der „Krauttanz“ folgte, nachdem das Kraut beim Mahl serviert worden war. Dieser Tanz war eigentlich mehr ein Umgang um das Haus, wobei der Prokurator Scherzreden auf die Gäste hielt. Im Weinstüberl setzen die Tänzer ihren Weibsleuten süßen Wein vor, wofür ihnen als Gegengeschenk ein Tuch am Hut festgesteckt wird und zwar an einem Ende des viereckig gelegten Zeuges, das man am oberen Gupfrand befestigt; „auf keinen Fall eine geschmackvolle Verzierung“.