(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 68)
Nachdem die Enzersdorfer die Schule nicht "in Herberg" nehmen wollten, wird bestimmt, dass Georg Sailer sich auf dem Wonneberg ein schon bestehendes Häuschen kaufen sollte, oder, wenn dies nicht gelingt, sich auf dem Grund des Lenzen von Aich ein neues Haus bauen soll; die Gemeinde Wonneberg sollte Hand- und Spanndienste leisten. Dies war 1788. Nach dem Tode von Georg Sailer führt dann Philipp die Schule weiter in Burgstall, nachdem aus allen anderen Plänen nichts geworden war.
Bis sich in der Schulgeschichte Wonnebergs wieder etwas ereignete, vergingen viele Jahre. In der Zwischenzeit hatten wir neue Landesherren erhalten: nach dem Fürsterzbischof Colloredo (bis 11. Februar 1803), dann Kurfürst und Erzherzog Ferdinand von Toscana (bis 26. Dezember 1805), dann der Kaiser von Österreich, der jetzt auch den Titel "Herzog von Salzburg" führte (bis 30. September 1810). Nun endlich wurde unser Rupertiwinkel Bayern zugeschlagen. Und hier hatte 8 Jahre zuvor, am 23. Dezember 1802 der damalige Kurfürst Max IV Josef eine allerhöchste Verordnung erlassen, in der er die allgemeine Schulpflicht einführte. Schon früher, 3. September 1770 und 5. Februar 1771 hatte Kurfürst Maximilian III Josef den Schulzwang eingeführt, aber der Erfolg reichte über ein paar Unterrichtsstunden im Winter nicht hinaus. In der Verordnung von 1802 heißt es nun:
"Da uns immer die Christliche, moralische und standmäßig nützliche Bildung der Jugend, als eine der vorzüglichsten Regentenpflichten am Herzen ist, und wir entschlossen sind, keine Gelegenheit nach Tunlichkeit der Umstände zu versäumen, bei welcher wir diesem wichtigen Zwecke näher kommen können, so haben wir nach reiflicher Überlegung in unserer geheimen Staatskonferenz beschlossen, daß allenthalben, alle schulfähigen Kinder vom sechsten bis wenigst ins vollstreckte zwölfte Jahr ihres Alters die Schule besuchen sollen. Die Schule soll das ganze Jahr hindurch, von Mitte des Julius bis 8. September, als der gewöhnlichen Erntezeit ausgenommen, gehalten werden und die Eltern oder Vormünder gehalten sein, von jedem schulpflichtigen Kinde wöchentlich zwei Kreuzer zu bezahlen."
Es dauerte Jahrzehnte, bis diese Verordnung in die Wirklichkeit umgesetzt werden konnte. Noch 1860 z.B. Unterschreiben in der Gemeinde Wonneberg einige Gemeinderäte mit drei Kreuzen. Es waren, wie bei uns, keine geeigneten Unterrichtsräume vorhanden. Da gab es die Armen. Sie konnten die zwei Kreuzer in der Woche nicht bezahlen. Und dann fehlte es natürlich bei vielen an der Einsicht. Die Unbelehrbaren hatten keinen Sinn für anderes als die unmittelbarsten Lebensnotwendigkeiten und standen dem Bildungsprogramm misstrauisch und feindselig gegenüber. Ein Pfarrer, dem die Schulaufsicht oblag, klagt:
"Die Kindererziehung ist größtenteils nichts als anfangs nur bloße Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse und eine Dressur zur Arbeit. Von einer Erziehung im edleren Sinn des Wortes, von einem Einwirken auf das Herz der Kinder, von einer Pflege der Pietät bei denselben, von einer steten Beaufsichtigung, vom fleißigen Anhalten zum Kirchen- und Schulbesuch, von Wahrung des eigentlichen Kinderseins und Achtung von Lehrer und Geistlichkeit ist keine Rede. Geistig vernachlässigt und äußerlich roh und stumpfsinnig kommt daher ein großer Teil Kinder zum ersten Mal zur Schule."
Trotz des strengen Schulzwanges kamen vielerorts nur wenige zur Schule, oft nicht mehr als der achte Teil der Kinder. Da mussten die Kühe gehütet werden, die Rüben waren zu ziehen und das Schulschwänzen häufte sich vor allem in den Sommermonaten meist mit Billigung der Eltern. Man kann es den Kindern nicht verdenken, wenn sie dann lieber zum Beerenpflücken und zum Schwammerlsuchen gingen, als in die Schule, wo sie in einem kleinen Zimmer mit anderen Kindern zusammengepfercht still sitzen mussten. Neben der Abneigung der Eltern gegen die Schule beklagt ein Pfarrer auch das Betragen eines Lehrers: "Durch seine Trunckliebe hat er dem Pfarrvorstand schon unsäglichen Verdruß bereitet. Die Lehrer handeln in ihrem Berufe legal, d.h. dem Gesetz entsprechend, aber im Leben kämpfen sie mit der Noth - das ist die Summa ihres Wirkens."