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Der Bierausschank am Leonharditag um 1850

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 106)

 

Bis zum Jahr 1875, als der Mößsohn von Köpfelsberg Georg Maier das heutige Wirtshaus St. Leonhard erbaute, gab es im Dorf keinen Gastwirt. Pfarrer Maier von Waging berichtet 1847, dass am Leonharditag und an den anderen Tagen, an denen ein Festgottesdienst stattfindet (Ostermontag, Johannstag und Kirchweih) sowie an den Tagen, an denen die Wallfahrer von auswärts kommen, „ein auswärtiger Wirt Bier ausschenkt“. Dieser Wirt war Andreas Hoiß von Weibhausen, dem die Wieserbrauerei von Waging beim Laufener Landgericht dieses Recht absprechen wollte. Die Gemeinde Wonneberg berichtet am 26.1.1850 nach Laufen:

 

"Um dem landgerichtlichen Auftrag vom 14. Jänner möglichst bald nachkommen zu können, wurde sogleich Nachsuchung in der Gemeinde-Registratur um zweckdienliche Papiere gepflogen, da sich jedoch nichts fand, sieht sich die gehorsamst unterfertigte Gemeinde-Verwaltung nach der bisher selbst gemachten Erfahrung sowie nach dem Wissen älterer Männer, wie z.B. des Rupert Wimmer, Poschbauers zu St. Leonhard (geb. 1790), bei dem der an Hauptfesten hieher ziehende Wirt immer das Bier zapft, und des alten Wirts zu Weibhausen Hoiß zu berichten.

 

Die Berechtigung, in St. Leonhard ausschenken zu dürfen, sowie auszukochen, wird wohl keinem anderen fremden, außergemeindlichen zustehen, als dem Wirt Andreas Hoiß zu Weibhausen, da er der eigentliche Wirt des Gemeindebezirkes und noch dazu Grund-Untertan der Kirche St. Leonhard ist (s. Anmerkung). Schon seit längerer Zeit macht er von dieser Berechtigung Gebrauch und begibt sich an bedeutenden Konkurstagen (an Tagen, an denen viele Leute kommen) nach Leonhard, um da Bier zu schenken, ohne daß er hiezu je eine Genehmigung des Kgl. Landgerichts benötigt hätte. 

 

Unter den Vorfahren des jetzigen alten Wirts zu Weibhausen, der von seinem Recht keinen Gebrauch machen wollte, überhaupt um sein Gewerbe sich wenig bekümmerte, noch weniger um die Verbesserung desselben und gewöhnlich das Bier in Kannen nach Hause brachte, bezogen freilich die Wieserbräuleute zu Waging besagte Tage, um da Bier zu zapfen und dieses zwar einige Jahre. Allein der noch lebende alte Wirt von Weibhausen fand sich, nachdem er das Gasthaus daselbst käuflich an sich gebracht, veranlaßt, bloß dieses Rechtes willen sich bei dem Kgl. Landgericht zu stellen und sich wegen dessen zu erkundigen, wobei auch ein Abgeordneter der erwähnten Wieserbräuleute erschien, um ihre Berechtigung zum Ausschenken anzugeben. Dieser Abgeordnete wurde aber damals mit der Weisung entlassen, daß der Wirt von Weibhausen, nachdem er seinen Kaufbrief vorgewiesen hatte, allein berechtigt sei, in Leonhard an Kirchtagen Bier zu schenken, seit welcher Zeit Hoiß auch auf dieses Wort hin Leonhard bezog und die Wieserbräuleute zu Waging nicht mehr kamen. Deshalb dünkt der gehorsamst unterfertigten Gemeindeverwaltung, daß, würden die Wieserbräuleute wirklich ein Recht, in Leonhard zu genannten Zeiten Bier zu zapfen, gehabt haben, oder überzeugende, Aufschlußgebende triftige Gründe oder Papiere hierüber vorzuweisen im Stande gewesen seien, sie würden fester auf diesem Recht stehen geblieben und seit dieser Zeit schon lange wieder bemüht gewesen sein, womöglich die Bewilligung hierzu zu erhalten. Dies wäre in Kürze, was im angegebenen Betreff der gehorsamst unterfertigten Gemeinde bekannt ist und von ihr recherchiert wurde.“ 

 

Heute haben wir Leonharder diese Probleme nicht mehr. Die Wieserbrauerei in Waging besteht nicht mehr und der heutige Wirt in Webhausen hat auch so sein Auskommen, ohne in Leonhard "an den Kirchtagen Bier zu zapfen“.

 

Anmerkung: Unter den 32 Grunduntertanen der Kirche St. Leonhard war auch der Wirt in Weibhausen. Er zahlte jährlich an seinen Grundherrn, also die Leonharder Kirche 2 Gulden 49 Kreuzer und 1 Pfennig (etwa 5 Mark d.i. bei einem Bierpreis von 7 Kreuzer die Maß den Wert von 24 Maß Bier). Der Weibhauser Wirt hatte, wie aus der Kirchenrechnung St. Leonhard 1850/51 hervorgeht, von der Kirche noch ein Darlehen mit 100 Gulden (171 Mark) aufgenommen, das er mit dem damals üblichen Zinssatz zu 4% zu verzinsen hatte.

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!!!ACHTUNG!!!


Dieser 91. Auszug aus den St. Leonharder Kirchenanzeigern ist vorerst der letzte, der hier im Internet veröffentlicht wird. Leider ist es mir aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich, alle 439 Ausgaben zu digitalisieren und zu überarbeiten.

 

Dennoch möchte ich es nicht versäumen, den letzten „Dankesauszug“ von Herrn Leonhard Wimmer aus dem Jahre 1988 an den damaligen Kuraten Albert Hartinger hier abzulichten.

 

An die treuen und interessierten Leser bedanke ich mich an dieser Stelle sehr herzlich!

 

Peter Wolff

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(Von Leonhard Wimmer, 20.03.1988)

 

Hochwürdiger, sehr verehrter, lieber Herr Kurat Alberto!

 

Die am 14.10.1979 begonnenen Beilagen zum Kirchenanzeiger (439 Folgen), davon seit dem 20.3.1983 262 Sonntage Haus- und Hofgeschichte gehen hiermit zu Ende.

 

Wenn auch naturgemäß nicht alle für die Geschichte unserer engeren Heimat Interesse zeigten - das ist in allen Gemeinden so - , so war ich doch oft überrascht, von Leuten, von denen ich es gar nicht erwartet hätte, Anteilnahme zu erfahren. Für kurze Zeit sind die Vorfahren aus 400 Jahren, deren Gebeine längst vermodert sind, mit ihren Namen wieder zu Leben gekommen.

 

Beim nochmaligen Lesen der letzten Seite der Haus- und Hofgeschichte dachte ich an das Grabmal Kardinal Faulhabers in der Liebfrauenkirche, wie er über der letzten Seite der Geheimen Offenbarung sitzt, in gebeugter und müder Haltung und die letzten Worte der Apokalypse liest:

 

Etiam venia cito, veni Domine Jssu.

 

Daß ich die Möglichkeit hatte, diese Beilagen der Öffentlichkeit zu unterbreiten, verdanke ich Dir. Und dafür recht herzlichen Dank!

 

Mit freundlichen Grüßen

Leonhard