(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 49)
In den letzten vier Beilagen haben wir so viel von Zahlen, Gulden, Metzen und Pfunden gehört, dass es uns jetzt einmal guttut, etwas Belustigendes zu hören, das allerdings damals für die Betroffenen ganz und gar nicht zum Lachen war.
Am 26. April 1618 wurde dem Kammeringer Bauern Andre Moser eine Kuh aus dem Stall gestohlen. Er machte sich auf den Weg, um die Kuh wieder zu finden und legte nach eigenem Bericht 50 Meilen zurück. Nach 10 Wochen fand er seine Kuh im bayerischen Pfleggericht Wald (bei Garching an der Alz). Wie er das fertiggebracht hat, wissen wir nicht. Der Bauer Spitzer Von Wald musste ihm die Kuh zurückgeben. Kaum hatte der Kammeringer Bauer seine Kuh wieder im Stall, geriet er in den Verdacht der Zauberei. Denn das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen, eine Kuh so weit weg in einem fremden stall wiederzufinden. Man munkelte, der Bauer sei in einen Bäckerladen gegangen, habe, ohne ein Wort zu reden, drei verschiedene Brote gekauft, sie an die Wandlungsglocke gehängt, in der Kirche das Kruzifix vor dem Tabernakel umgedreht und sei mit ausgebreiteten Armen vor dem Hochaltar gekniet.
Auf Grund einer Anzeige musste sich Moser im Beisein des Kooperators Balthasar Rädl und des Pfarrschreibers vor dem Dekan in Laufen verantworten. Moser beteuerte, er sei jederzeit ein guter Christ gewesen, habe alljährlich zu Ostern gebeichtet und kommuniziert, nur heuer habe er das einige Wochen nach Ostern getan, weil er wegen der gestohlenen Kuh so bekümmert und im Herzen rachsüchtig gewesen sei. Alle ihm zur Last gelegten Vorwürfe wies er als gelogen zurück. Wahr sei vielmehr, dass er nach dem Verlust der Kuh ins Gerichtsschreiberhaus gekommen sei, den Schreiber aber nicht angetroffen habe. Die Dirn des Schreibers habe ihm empfohlen, drei Pfennig in den Opferstock zu werfen und den Kranken drei Almosen zu geben. Das habe er getan. Er habe 10 Zeugen, dass er das Geld in den Opferstock geworfen habe, darunter den Schuster von Enzersdorf. Den Kranken habe er drei Almosen gegeben, nämlich ein Ei, ein Brot und einen Pfennig. Er habe keinerlei Aberglauben getrieben und er könne nicht einsehen, was da abergläubisch sei. Am 16. Juli 1618 wird der Pfarrer aufgefordert, zu berichten, von wem er denn diese Geschichte vom abergläubischen Treiben Mosers habe. Er berichtete, vom Kooperator Simon Seidl , der es wiederum von einer dritten Person erfahren habe. Der Pfarrer konnte offensichtlich den Kammeringer Bauern nicht leiden, denn er berichtet, zuzutrauen sei es ihm schon, denn einmal, als ihm ein Bett gestohlen wurde, habe er gesagt: wenn einer ein Roggenbrot, ohne dabei ein Wort zu reden kaufe und es an die Wandlungsglocke hängt, das Kruzifix vor dem Allerheiligsten umdrehe, so müsste der Täter beim Läuten der Glocke offenbar werden. Und wenn Andre Moser behaupte, er sei ein guter katholischer Christ, und was er gegen die Kirchengebote geredet habe, das sei aus Einfalt geschehen, so möge das Konsistorium selbst entscheiden, ob das einfältig oder katholisch ist, wenn der Kammeringer ihm, dem Pfarrer einmal gesagt habe, das Fasten hätten die Narren erfunden. In summa "man sage zu ihm in Glaubenssachen, was man wolle, so hält er sich des Sirachs" (d.h. er hält sich an die Lehren des Buches Jesus Sirach, eines Buches des Alten Testaments), "so ihm von seinem Sohn vorgelesen worden, in deme er also versiert (bewandert), daß er den Namen des weisen Mannes (d.i. den Spitznamen "Sirach") bekommen hat“.
Am 19. Februar 1619 wird Moser zusammen mit dem Bader Albert Fämel - warum auch dieser, ist nicht bekannt - nach Salzburg bestellt, um sich vor dem fürsterzbischöflichen Konsistorium zu verantworten.
Über den Ausgang dieses Verhörs ist nichts bekannt.