(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 38)
Beim Rückblick auf unsere Heimatgeschichte hören wir notwendigerweise immer wieder vom Erzbischof von Salzburg. Vom Beginn der Christianisierung bis 1810, also an die 1200 Jahre, unterstanden wir dem Salzburger Erzbischof. Er nahm im früheren "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" eine einmalige Stellung ein, die ihn von allen anderen Kirchenfürsten abhob. Als der erste Bischof Salzburgs, St. Rupert 723 starb, gab es noch keine Diözesangrenzen, ebenso bestand noch lange nicht das Fürstentum Salzburg. Unter Bischof Virgil (754 - 784) wurden die Bistumsgrenzen gezogen, die zum Teil heute noch bestehen.
Der Nachfolger Virgils, Arno, ein Freund Kaiser Karl des Großen erhielt im Jahre 798 die erzbischöfliche Würde und wurde somit zum geistlichen Oberhaupt aller süddeutschen Bistümer. Ihm unterstanden im Laufe der Zeit die Bischöfe von Seckau (Graz), Gurk (Klagenfurt) St. Andrä (später Marburg, bis 1859), Brixen (bis 1921) Wien (bis 1469) Wiener Neustadt (bis 1469), Leoben (bis 1786), Passau (bis 1728), Regensburg (bis 1816), Freising (bis 1816), Chiemsee (bis 1808) und die Propstei Berchtesgaden (bis 1807). Die Salzburger Kirchenprovinz umfasste somit ganz Bayern bis an den Lech, Nord- und Südtirol, Ober- und Niederösterreich, Steiermark und Kärnten bis zu den Karawanken. Der Erzbischof wurde nicht vom Papst ernannt, sondern vom Domkapitel gewählt. Dieses Recht besteht heute noch in eingeschränkter Form. Er hatte das in der Kirche einmalige Recht, eigenmächtig Bischöfe zu ernennen, nämlich die von Lavant, Seckau, Gurk und Chiemsee. Als Fürsterzbischof Tarnoczy 1870 in Rom Papst Pius IX traf, scherzte dieser zu seiner Umgebung: "Ecco il mezzo papa! Schaut, der halbe Papst, der Bischöfe ernennt!" Eine weitere Steigerung des Erzbischofs erfolgte. 1179 durch seine Ernennung zum Legat des Apostolischen Stuhles (Vertreter des Papstes). Auf Grund dieser Würde trägt der Erzbischof von damals bis zum heutigen Tag Pupurkleidung, ein Vorrecht, das den Kardinälen erst 200 Jahre später eingeräumt wurde. Und seit 1749 führte er noch den Titel "Primas Germaniae" (Ober-Erzbischof' des damaligen alten Deutschen Reiches).
Wenn wir vom Salzburger Erzbischof hören, müssen wir drei Gebiete unterscheiden: einmal das geistliche Fürstentum, das das heutige Land Salzburg zusammen mit unserem Rupertiwinkel umfasste, das Gebiet seines Erzbistums, das bis an den Inn, also weit in das bayerische Gebiet hineinreichte und die Kirchenprovinz Salzburg, das in groben Umrissen ganz Bayern und Österreich umschloss.
Auf den Reichstagen hatte der Salzburger Erzbischof seinen Platz unter den Kurfürsten, er benutzte wie diese einen grüngepolsterten Sessel und nicht einen roten, wie die übrigen Fürsten, er vertrat den Kaiser auf dem Reichstag und war ständiger Vertreter des bayerischen Herzogs. Als Legat des apostolischen Stuhles erkannte er die Zuständigkeit des päpstlicher Nuntius nicht an. Als z .B. im Jahre 1720 der Nuntius dem Erzbischof einen Erlass des Papstes übergeben wollte, der den Gebrauch von Perücken bei der Messe untersagte, nahm der Erzbischof den Erlass nicht zur Kenntnis, da ihm der Nuntius nichts zu sagen habe.
Eine weitere Eigentümlichkeit bestand darin, dass von Ruperts Zeiten an bis zum Erzbischof Friedrich (987) die Würde des Bischofs bzw. des Erzbischofs mit der Würde des Abtes von St. Peter verbunden war.
Von der Macht der ehemaligen Erzbischöfe ist in unseren Tagen nicht mehr viel geblieben. Er wird nicht mehr wie früher geleitet von Läufern, Heiducken, Lakaien, Karabinieri mit Stiefel und Sporn und Kammerherren. Aber wenn wir heute erleben dürfen, wie der Erzbischof an hohen Festtagen, in leuchtenden Purpur gehüllt, unter den machtvollen Klängen des größten Geläutes Europas, geleitet von seinen Domherrn, in den Dom einzieht, um dort ein Pontifikalamt zu zelebrieren, das von einer Mozartmesse umrahmt wird, so spüren wir noch den Hauch der stolzen Geschichte dieser Stadt, die mehr als tausend Jahre unser kultureller und geistlicher Mittelpunkt war.