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Totenbretter

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 56)

 

Auf manchen Straßen unserer Gemeinde begegnen wir am Wegrand den sogenannten Totenbrettern, auf denen die Namen verstorbener Angehöriger, meist mit Angabe des Datums der Geburt und des Todes, aufgezeichnet sind. Heute gibt es nicht mehr viele Gegenden, wo diese Art des Gedenkens an die Toten verbreitet ist. Nur bei uns, vereinzelnd auch im übrigen Landkreis Traunstein, im Berchtesgadener Land und im Bayernwald hat sich dieser Brauch bis heute erhalten.

 

Früher war die Aufstellung des Totenbretts weit verbreitet und reichte, wie aus Urkunden zu ersehen ist, viele Jahrhunderte zurück. Bevor man für die Bestattung einen Sarg benutzte, legte man den Toten, der ja im Sterbehaus aufgebahrt war, auf ein Brett, trug ihn auf diesem Brett zu Grabe und ließ die Leiche, die in BaumwoIltücher gehüllt war, auf dem Brett in das Grab gleiten. Das Brett wurde dann auf dem Weg, der das Sterbehaus mit dem Friedhof verbindet, aufgestellt zur Ermahnung für die Vorübergehenden, für die arme Seele zu beten. Der Volksglaube war der Ansicht, dass die Seele aus dem Fegfeuer erlöst wird, wenn das Brett vermodert ist. Deshalb wohl wählte man immer Weichholz und nicht Hartholz, um dem Verstorbenen die Leiden des Fegfeuers abzukürzen.


Die Sargbestattung bürgerte sich erst sehr spät ein. So wurden in Nürnberg z.B. die Toten erst ab dem 17. Jahrhundert in einem Sarg beerdigt und auf dem Lande erst gute hundert Jahre später. Wir haben keine Totenbretter aus alter Zeit; die Bretter, die jahraus, jahrein der Ungunst der Witterung ausgesetzt sind, hatten eine Lebensdauer von nicht mehr als 15 Jahren. Was wir wissen, erfahren wir aus alten Aufzeichnungen. Aus einer alten Kirchenrechnung in Wald an der Alz entnehmen wir: „Widerumb 8 neue penckhen (Bänke), daß man darauf zur prädig (Predigt) siezt, gemacht worden, dem Beisl zu Ötelham (Edelham) vor solcher arbath (Arbeit), wie auch ein prötl (Brettl), darauf die verstorbenen persohnen ins Grab gelassen werden, arbathslohn bezahlt… (1628).

 

Durch das Aufkommen der Sargbestattung verfiel in den meisten Gegenden auch der Brauch des Totenbretts, da es ja nicht mehr dem ursprünglichen Zweck diente. Unverstand der Behörden in der Aufklärungszeit (um 1800) tat ein Übriges, um den Brauch abzuschaffen. So erging am 2. August 1895 in der Oberpfalz eine Verordnung, die dafür beispielhaft ist. "Die Anbringung von Totenbrettern hat sich zu einer Unsitte ausgebildet, da die alten auf dem Boden herumliegen bleiben, selbst in Trümmern auf dem Boden herumliegen und verfaulen, was sicher eine Gegend und namentlich die Umgebung der öffentlichen Straßen und Wege und Ortschaften nicht verschönt. Die bezeichneten Behörden (Polizei) werden daher angewiesen, die Anbringung neuer Totenbretter an allen Distriktsstraßen und Gemeindewegen umso mehr zu verbieten, als es schon wiederholt vorgekommen ist, daß Pferde vor denselben scheuten und auch die Kinder beim Vorübergehen an denselben von Furcht ergriffen wurden. Alle auf dem Boden herumliegenden Totenbretter sind unversäumt überall zu entfernen und wird bemerkt, daß die Distriktswegmacher angewiesen sind, alle Totenbretter, welche forthin an den Distriktsstraßen angebracht werden, sofort zu entfernen, wenn sie auf Aufforderung von den Besitzern nicht entfernt werden."

 

Wie mit allen Dingen, die mit dem Sterben und den Seelen in Beziehung stehen, verbanden sich auch mit den Totenbrettern abergläubische Vorstellungen. Der Tote geht in der Nähe seines Brettes um, die Totenbretter dienen den armen Seelen beim qualvollen Umherirren als Zufluchtsstätte. Wer Totenbretter verheizt, dem zerreißt es den Ofen und manch anderes.
Die Heimatforscherin Richilde Werner schreibt: "Wieweit Brauch und Aberglaube um das Totenbrett in die Gegenwart reichen, beweist sich an der Tatsache, dass in Anger ein Totenbrett mit der Jahrzahl 1978 steht und dass ein heimatpflegerisch engagierter Schneidermeister aus Teisendorf das Aufstellen dieser Bretter neu beleben will.“ Es wäre wünschenswert, dass auch in unserer Gemeinde dieser Brauch wieder aufgenommen würde. Der Anfang dazu ist bereits gemacht.