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Das Mühlberger Mirakelbuch - Teil 1

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 52)

 

An den drei "Goldenen Samstagen", an denen früher soviel Wonneberger die Gnadenmutter in Mühlberg besucht haben, wollen wir in einem "Mirakelbuch", das im Pfarrarchiv Waging liegt, blättern. In diesem handgeschriebenen Büchlein sind alle wundersamen Gebetserhörungen aufgezeichnet, die seit 1669 sich begeben haben. Die Überschrift des Büchleins lautet:

 

"Mirakelbuch von dem lobwürdigen Unserer Lieben Frauen Kürchlein am Müllberg, geschrieben im Jahre 1797, dem Hofbauern zu Hirschhalm angehörig". Eine weitere Überschrift lautet: "Himmlische Schäferin auf dem Müllberg bei Wäging Ursprung und Guttaten der gnadenreichen Bildnus der allerseligsten Jungfrau und Muttergottes auf dem Birnbaum sodann dem daselbst errichteten Kürchlein."

 

Im ersten Teil wird in legendenhafter Erzählung die Entstehung und Verbreitung der Wallfahrt geschildert.
Wie solches zu meinem Vorhaben zukommen, bekräftigt der Ursprung der marianischen Andacht auf unserem Müllberg, zu dessen ersten Werk ihr Maria selbsten erwählte eine arme verächtliche doch ehrbare Viehdirn ledigen Standes namens Eva bei Adam Laiminger ansässigen Bauern auf dem Müllberg nebst dem Salzburgischen Marktflecken Waging in Diensten. Dann, als diese Eva einstens an einem Sonn- oder Feiertag nach vollendeter Vesper in der Pfarrkirchen auf dem Berg neben dem Holz nach Hause ginge, sah sie vor ihr auf der Freyn, allwo etliche Feldbirnbaum stunden, eine wunderschöne Frau in herrlichst fremder Kleidung zu dreimalen um einen Pirnbaum heumgehen und ihr mit dem Haupt und rechter Hand winken, gleichsam einladet ihrer zu nahen. Eva, über eine so unverhoffte Begebenheit theils freudenvoll, theils erschrocken, fast ganz erstaunend wagte auf ein öfteres Winken endlich mit ehrfurchtlangsamen Schritten sich dieser Frauen zuzunahen. Aber siehe, kaum ginge sie zwey Schritt gegen diesen Baum, worunter die Frau gestaden, war diese auf einmal vor ihren Augen verschwunden. Nichtsdestoweniger ging Eva Trost und Wunderns voll zu diesem Baum, unter welchem sie ein auf der Erde liegendes Bildlein in Duodezgroßem Kupferstich der Muttergottes in öfter belobten Ettal fand. Dieses papierene Bildlein trug sie mit unbegreiflicher Freud naher Haus, zeigte solches alsbald ihrem Bauern mit Erzählung dieser so wunder - als glückvollen Begebenheit nicht mehr eingedenk des Schadens an ihrem schmerzhaften Fuß, als welcher sie gegen Abend gänzlich und vollkommentlich geheilt war. Adam Laiminger heftete bald dieses Bildlein in einem armen Rähmlein ein, befestigte es an einem Feldpirnbaum seines Grundes an eben demjenigen, um welchen die himmlische Frau selbsten dreymal herumgegangen, unter dem auch dieses liebvolle Maria Bildlein gefunden war in dem Jahre 1669. Welcher schöne Baum mit seinen 15 gleich großen Ästen die 15 Geheimnussen des heiligen Rosenkranzes vorstellen, wie Maria allda zu grüßen und zu verehren sey.


Allda hat ihr Maria eine beständige Wohnung auserwählet, damit sie nämlich eine sorgfältigste Schäferin die herumliegende Herde ihrer mütterlichen Gnaden nährte und weidete, auch die weitentfernten mit den Strahlen ihrer Barmherzigkeit an sich ziehete, allermaßen sobald dieses Bildlein an dem Baum von den Vorübergehenden ersehen und in der näheren Anschauung der liebvollsten Muttergottes zu Verehrung und kindlichem Vertrauen dessen angerühmt und gleichsam gezogen wurde, allsogleich die dankbaren Zeichen der Hilf sich dergestalt vermehrten, daß solche zu einem Ober-Dächlein wider das Gewitter und bald darauf zu einem Kasten Anlaß gaben."

 

Nun wird des längeren geschildert, wie das Bild von der geistlichen Obrigkeit, die Aberglauben vermutet mehrmals entfernt wird, wie es aber auf wunderbare Weise immer wieder von selbst zurückkehrt, wie der Pfarrer den Birnbaum fällen lässt und wie trotzdem die Wallfahrt immer mehr zunimmt.
Über den Schreibstil der damaligen Zeit und über die "Leichtgläubigkeit" unsrer Vorfahren sollten wir nicht lächeln. Wir wissen nicht, was unsere Nachkommen in 200 Jahren von uns halten.