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Der Rupertiwinkel - Teil 2

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 13)

 

Die Grenze zwischen Bayern und Salzburg, die in der letzten Ausgabe beschrieben wurde, ist heute nur noch Gemeindegrenze, bildet aber die Scheidelinie zwischen dem Chiemgau und dem Rupertiwinkel.

Nach einigen weiteren kleinen Grenzstreitigkeiten, vor allem des kostbaren Salzes wegen, zwischen Bayern und den streitbaren Erzbischöfen, erlebte das Erzstift im Gegensatz zu Bayern und Österreich 400 Jahre ruhiger friedvoller Zeiten. Unsere Gegend blieb verschont von den grauenvollen Bauernaufständen und vor allem von den Gräueln des Dreißigjährigen Krieges (1680 – 1648), in dem das benachbarte Bayern und das übrige Deutschland die Hälfte seiner Bevölkerung und seines Besitzes verlor. Für uns bewahrheitete sich der Spruch: „Unter dem Krumstab (das Leben unter geistlicher Herrschaft) ist gut wohnen“. Diese friedliche Zeit hatten wir der klugen Politik der Erzbischöfe zu verdanken, die, in der Zange zwischen Bayern und Österreich, immer um Ausgleich bemüht waren.

Erst die napoleonische Zeit brachte Unruhe, Not und Tod in unser friedvolles Land. Zwischen 1800 und 1805 zogen dreimal französische Truppen, die ja mit den Bayern verbündet waren, durch unser neutrales Land, plünderten und mordeten. Unser letzter geistlicher Landesfürst, Erzbischof Hieronymus von Colloredo, war vor den Franzosen nach Wien geflüchtet und starb dort 1812. Im Jahr 1803 wurde das Erzbistum in ein Kurfürstentum umgewandelt und am 30.10.1805 besetzten wiederum Bayern und Franzosen unser Land. Durch den Frieden von Preßburg kam Salzburg (immer noch zusammen mit unserem Rupertiwinkel) am 26.12.1805 mit dem bis dahin selbständigen Fürstentum Berchtesgaden nach Österreich und wurde in ein Herzogtum umgewandelt. Am 30. September 1810 wurde das ganze Land Salzburg dem von Napoleons Gnaden neugegründeten Königreich Bayern zugeschlagen. Nach diesem verwirrendem Hin- und Hergeschiebe trat erst Ruhe ein, als der „Münchner Vertrag“ in Kraft gesetzt wurde, der am 14. April 1816 geschlossen worden war.

An diesem Tage wurde unser Gebiet, also der heutige Rupertiwinkel von Salzburg, zu dem es über 1000 Jahre gehörte, getrennt: Salzburg rechts der Saalach und der Salzach wurden österreichisch, das Land links der beiden Flüsse wurden endgültig Bayern zugesprochen.

Unser Rupertiwinkel umfasst den ganzen ehemaligen Landkreis Laufen, die Gemeinde Heiligkreuz (Landkreis Traunstein) sowie die Gemeinden Högl, Ainring, Anger und Piding (Landkreis Berchtesgaden). Durch mehr als 1000 Jahre haben wir, nicht die Reichenhaller oder die Traunsteiner, den 24. September als das Hochfest des heiligen Rupert begangen. Er war uns Patron, der Begründer der Stadt und des Landes Salzburg. Als wir unter der Herrschaft Bayerns kamen und 1822 im Zuge der kirchlichen Grenzberichtigung dem neugegründeten Erzbistum München-Freising angegliedert wurden, ersuchten die betroffenen  Pfarreien das Münchner Ordinariat, den Rupertitag und nicht den Korbinianstag festlich begehen zu dürfen. Die Bitte wurde gewährt. Noch in den dreißiger Jahren stand in den liturgischen Anweisungen (Direktorium): „24. September: Fest des Hl. Bischofs Rupert für die Dekanate Teisendorf, Tittmoning und Laufen und von Dekanat Traunstein die Pfarrei Waging mit St. Leonhard und Otting ohne Kammer“ (Kammer war ja, wie auch Freimann von jeher bayerisch.). Im Zuge der auch kirchlichen Zentralisierung und Nivellierung müssen wir heute das Fest des heiligen Korbinian feiern, mit dem unser Gebiet nie etwas zu schaffen hatte. Bis vor dem ersten Weltkrieg war der Rupertitag  in unserer Gegend Feiertag. In alten Urkunden, so in einem Übergabevertrag in Rückstetten, teilten die Rupertitage Sommer und Winter. Im Übergabevertrag heißt es: „Zwei Kandl Milch von Ruperti im Frühjahr (27. März, der Todestag Ruperts) bis Ruperti im Herbst (24. September) und 1 Kandl Milch vom Ruperti im Herbst bis Ruperti im Frühjahr“.