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Die Verbote der Ritte - Teil 3

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 10)

 

Die Reaktion der betroffenen Gemeinden auf die oberhirtliche Verordnung vom 10. Mai 1881 (Verbot der Wallfahrten) war unterschiedlich.
 
Schon am 29.Mai 1881 schreibt der Pfarrer von Weildorf an das Waginger Pfarramt: "Ergebenst unterfertigter bringt hiemit zur geeigneten Kenntnisnahme, daß die bisherige St. Leonhardsfahrt schon für heuer unterbleibt und dafür alljährlich am 6. November ein heiliges Amt zu Ehren des Heiligen abgehalten wird."

Die Gemeinde Siegsdorf konnte sich mit dem Verbot nicht abfinden und richtete an das Ordinariat ein Gesuch um Dispens von dem allgemeinen Verbot. Am 29.Apri1 1882 schreibt der Pfarrer von Siegsdorf an seinen Waginger Mitbruder:

"Auf die geehrte Zuschrift vom Heutigen diene zur Kenntnis, daß ich bei der oberhirtlichen Stelle angehalten habe, den alljährlichen Kreuzgang nach St. Leonhard vornehmen zu dürfen, nicht bloß in diesem Jahre, sondern auch für die Zukunft. Darauf erhielt ich folgende Entschließung: Auf die Vorstellung vom 13./14. d.Mts. im bezogenen Betreff wird dem Pfarramte Siegsdorf hiemit eröffnet, daß Seine Erzbischöfliche Exzellenz in der Voraussetzung, daß jede Unordnung ferngehalten werde, den Bittgang nach St. Leonhard bei Waging unter ausdrücklicher Dispense von der allgemeinen oberhirtlichen Verordnung vom 10. Mai 1881 bis auf weiteres gestatten wollen."

Etwas schwieriger gestaltete sich die Sache mit unseren Nachbarn, den Surbergern. Denen hatte das Ordinariat auf ihre Bitte, den Ritt nach St. Leonhard zu gestatten, geantwortet (30. Mai 1883):

"Wenn auch bei den früher gebräuchlichen Wallfahrtszügen der Pfarrgemeinde Surberg nach St. Leonhard bei Waging keine Exzesse zu beklagen waren, wie das Pfarramt bezeugt, so vermag die oberhirtliche Stelle doch nicht von der allgemeinen Verordnung, welche auf Grund sehr trauriger Wahrnehmungen nach reiflichster Überlegung erlassen worden ist, abzugehen, da dies zu gefährlichen Consequenzen führen mußte. Die Pfarrgemeinde Surberg kann aber, wenn am Leonhardsfeste eine Wallfahrt nicht tunlich erscheint, an diesem Festtage, oder auch an einem anderen Tag sich eine Votivfeier in der eigenen Pfarrkirche erbitten, welche gewiß ebenso, wie jene Wallfahrt sie der Fürbitte des heiligen Leonhard würdig machen wird."


Den Surbergern war also ihr Ritt, den sie am 1. Mai durchzuführen pflegten, verwehrt und so wollten sich einige den Segen des hl. Leonhard gegen den Willen der Obrigkeit an diesem Tag erzwingen, denn der Surberger Pfarrer schreibt am 26. Apri1 1884 an seinen Waginger Kollegen:

"Gestern abend habe ich in Erfahrung gebracht, daß einige Bauern meiner Pfarrei, trotz der oberhirtlichen Verordnung vom 10. Mai 1881, demnächst, wie ich höre, am 1. Mai wieder einen sogenannten Ritt nach St. Leonhard bei Waging veranstalten wollen, und daß - natürlich ohne mein Wissen und Wollen - zu diesem Zweck bereits ein Priester, ich weiß nicht welcher und woher, bestellt sei.

Um nun meinerseits der oben erwähnten oberhirtlichen Verordnung Folge zu leisten und mir allenfallsige Verdrießlichkeiten zu ersparen, lege ich gegen den beabsichtigten Ritt feierlichst Verwahrung ein und erlaube mir, zur Begründung meines Protestes auf der Kehrseite die Abschrift einer weiteren Verordnung des hochwürdigsten Ordinariats München und Freising vom 30. Mai 1883 (s. oben) zur gefälligen Kenntnisnahme und eventuellen Darnachachtung mitzuteilen.
Die auf der Rückseite in Abschrift sich befindliche Ordinariatsverfügung vom 30. Mai 1883 wurde bereits im vorigen Jahr von hiesiger Pfarrkirchenkanzel verlesen und wird auch morgen verlesen werden."

Die Surberger durften also zu uns nach St. Leonhard nicht mehr kommen. Umso mehr freut es uns, dass sie am Leonharditag in diesen Jahren uns besuchen und nicht befürchten müssen, dass der Pfarrer "Feierlichst" dagegen protestiert.