(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 09)
Erzbischof Colloredo von Salzburg hatte durch seine strengen Verbote wohl erreicht, dass fast alle Ritte in unserer Umgebung eingestellt wurden, konnte aber das Weiterbestehen unserer Ritte am Ostermontag und am Leonhardstag sowie der Wallfahrten der Gemeinden nach St. Leonhard nicht verhindern.
In den Jahren vor 1845 muss ein neuerliches Verbot der Ritte - jetzt vom Ordinariat in München, ausergangen sein, denn in diesem Jahr schreibt der Dekan von Teisendorf von den "längst verbotenen" aber immer noch bestehenden Ritten in St. Leonhard. Dieses Verbot hatte bei uns auf dem Wonneberg keinerlei Auswirkung, denn es fanden die beiden Ritte zu Ostern und im November ungehindert statt und es kamen sogar mehr Pfarreien zu uns als vorher.
Am 10. Mai 1881 erschien im Amtsblatt der Erzdiözese München und Freising folgende Verordnung: "Im Hinblicke auf die in einigen Pfarreien der Erzdiözese bei Gelegenheit sogenannter Leonhardsfahrten trotz aller Abwehr immer wieder sich erneuernden Mißbräuche und Ausschreitungen wird im besonderen Auftrag unseres hochwürdigsten Oberhirten nachstehende Verordnung erlassen:
1. Die sogenannten Leonhardsfahrten, überhaupt Wallfahrten zu Ehren des heiligen Leonhard mit priesterlicher Begleitung, oder auch ohne Priester, aber mit Kreuz und Fahne, an anderen Tagen als am Feste des heiligen Leonhard (6. November), werden hiermit für den ganzen Bereich der Erzdiözese auf´s strengste untersagt.
2. Am Feste des heiligen Leonhard sind die kirchlichen Andachten zu Ehren dieses Heiligen, auch sogenannte Leonhardsfahrten nicht zu beanstanden, soferne Mißbräuche aller Art, namentlich Tanzbelustigungen, ferne gehalten werden. Fällt das Leohhardsfest auf einen Sonntag, so darf der vormittägige und nachmittägige Pfarrgottesdienst durch die Leonhardsfeier nicht beeinträchtigt werden.
3. Sollten sich auch am Leonhardsfeste Exzesse irgend welcher Art mit Leonhardsfahrten verbinden, so hat das betreffende Pfarramt ohne Verzug gewissenhaften Bericht anher zu erstatten, worauf die oberhirtliche Stelle nicht saumen wird, das Geeignete vorzukehren. Diese oberhirtliche Verordnung ist in den betreffenden Pfarreien durch Verlesung beim Pfarrgottesdienste und durch spezielle Verständigung der Gemeindebehörden zu publizieren".
Durch diese Verordnung war der Leonhardi-Ritt am Feste des Ortsheiligen nicht betroffen, wohl aber der Ritt am Ostermontag und die Wallfahrten der auswärtigen Gemeinden. Auch hier setzt sich der Pfarrer von Waging für eine Aufhebung, wenigstens für eine Milderung des Verbots ein und schreibt nach München: "Gleich nach Bekanntgabe der Verordnung vom 10. Mai 1881 meldeten sich die Gemeinden Weildorf und Traunwalchen, sie wurden an ihre Pfarrämter, bezw. an die oberhirtliche Stelle gewiesen und ihre Wallfahrtszüge unterblieben. Die Ostermiethinger kamen wie sonst und ihnen wurde ein Amt gehalten. Am Leonhardstag brachten die Besitzer von der Gemeinde ihre Pferde und sie wurden benediziert, fremde kamen nicht. Zu Leonhardi ist die Witterung zu unbeständig und der Tag schon zu kurz. Im Frühjahr, wo manche ihre Pferde erst ankauften und dieselben zu den Feldarbeiten gebrauchen, möchten sie dieselben benedizieren lassen. Einzelne Leute kommen zur Kirche St. Leonhard, wenn sie bei ihrem Viehstande ein Unglück befürchten.
In Betracht möchte auch kommen, daß dem Lehrer als Mesner und dem Cooperator sowie der Kirche Mehreres entgeht. Wie verlautet, werden auch heuer wieder einige Gemeinden um den Umritt und die Benediktion der Pferde anhalten, und so stellt man das Ersuchen, daß man wieder wie ehedem die Benediktion an den bezeichneten Tagen (d.i.l. Mai, 3.Mai, Pfingstdienstag, Donnerstag nach Pfingsten, Samstag nach Pfingsten, Jakobi- und Bartholomäustag) erteilen dürfe."