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Umrittsbräuche - Leonhardi-Ritte

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 1)

 

Das Pferd, das edelste aller Geschöpfe, und seit uralter Zeit dem Menschen dienstbar gemacht, galt schon bei unseren heidnischen Vorfahren als den Göttern geheiligt. Umritte gab es schon lange bevor bei uns das Christentum Fuß gefasst hatte. Wie viele Bräuche aus der vorchristlichen Zeit, hat die Kirche auch diesen Umritten einen christlichen Sinngehalt gegeben und das gläubige Volk hat diese Bräuche durch viele Generationen weitergegeben. Die Wertschätzung, ja man kann sagen , die Verehrung, die man dem Pferd entgegenbrachte, kommt darin zum Ausdruck, dass der Roßsegen nicht allein bedeutet, dass das Pferd den Segen des Priesters empfängt, sondern dass das Pferd direkt als Träger segenspendender Eigenschaften betrachtet wird. An einigen Orten wurden die Pferde, wo es die baulichen Verhältnisse des Gotteshauses erlaubten, durch das Kircheninnere, also vor das Angesicht des Allerheiligsten geführt.

Die Umritte der christlichen Zeit wurden entweder an bestimmten Tagen, wie zu Ostern, Pfingsten, am Antlasstag oder in der Fastnachzeit, wie z.B. in Freising abgehalten, häufig aber an den Festen der Heiligen, die das „Patronat“ über die Ritte ausübten. Dies war in der alten Zeit nicht in erster Linie der heilige Leonhard, sondern vor allem Georg, Martin und Stephan, sowie noch ein paar Dutzend Heilige, von denen uns bei manchen kaum die Namen geläufig sind, wie Magnus, Gangolf, Eligius, diese allerdings nur im außerbayerischen Raum. Bei uns in St. Leonhard am Wonneberg war der Ritt ursprünglich ein Osterritt, lange bevor Leonhardi-Ritte üblich wurden. Erst ab dem 17. Jahrhundert verdrängte Leonhard in Altbayern, Österreich und Schwaben die anderen Pferdepatronen und wurde zum absoluten Roßheiligen, der bei uns so hohe Verehrung erlangte, dass man ihn den „Bayerischen Herrgott“ nannte.

In Oberbayern stehen von den 141 Orten, in denen Umritte üblich sind oder waren – die meisten sind eingegangen – 78, also mehr als die Hälfte, unter dem Schutz und zu Ehren des heiligen Leonhard. In Niederbayern waren von den 62 festgestellten Ritten immerhin noch 29 Leonhardi-Ritte. Neben den Leonhardi-Ritten, die immer am Fest des Heiligen, also am 6. November, abgehalten wurden, gab es bei uns in Oberbayern 27 Stephani-Ritte, 7 zu Ostern - der Traunsteiner Georgi-Ritt ist in Wirklichkeit ein Osterritt – 7 zu Georgi, wie in St. Georgen an der Traun, 3 Martini-Ritte und 3 Pfingstritte.

Umritte mit mehr oder weniger kirchlich-religiösem Charakter gab es zu allen Zeiten und überall in Europa, auch außerhalb der deutschen Bundesländer, so z.B. in Anderlecht bei Brüssel, in zwölf Provinzen Frankreichs, in Schweden am Stephanitag, im zaristischen Russland am Tag des heiligen Johannes. In Madrid wurde durch einen Umritt das Fest des heiligen Antonius des Einsiedlers gefeiert. Die mohammedanischen Araber, Beduinen und Palestinenser begingen am 20. Juni mit Umritten religiöse Feste und die Perser hielten ihre Umritte am Tag des Frühlingsanfangs. Im fernen Cusco in Peru werden seit Jahrhunderten die Pferde vom Priester gesegnet.

Nirgendwo aber, außer bei uns in Altbayern und Österreich, finden Ritte zu Ehren des heiligen Leonhard statt.