(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 80)
Der Pfarrprovisor Simon Winkler von Waging, der von den Leonhardern und Egerdachern angegangen worden war, in den beiden Filialkirchen Sonntagsgottesdienste von einem Hilfspriester halten zu lassen, stand diesem Ersuchen ablehnend gegenüber. In einem Gutachten von 1800 nennt er die Gründe seiner Ablehnung und geht auch nicht auf das Angebot der Bauern ein, dem Priester im Winter die beschwerliche Anreise zu erleichtern. Er meint, die weit entlegenen Bauern würden das sicherlich nicht tun. Am 4. April 1800 wurde das Gesuch der Wonneberger und Egerdacher um Sonntagsgottesdienste in ihrer Filialkirchen abgeschlagen.
Die Wonneberger vermuteten hinter der Ablehnung den Erwerbssinn der Waginger Geschäftsleute und ließen sich von ihrem Plan vorerst nicht abbringen. Die Gläubigen dieser Filialkirchen wenden sich wieder nach Salzburg, diesmal an den Fürstenbischof selbst. Sie führen im Gesuch aus, dass sie gerne bereit sind, „zur Haltung eines zweiten Priesters nach Willkür und ohne Verbindlichkeiten für sich oder ihre Nachkommen einen jährlichen Beitrag zu leisten.“ Wenn der Kooperator auch seinen Zehent mit einem anderen Priester teilen müsse, so habe er immer noch ein schönes Einkommen und der sich mit 700 Gulden besser stellt, als so manch Vikar. Die Waginger Bürger – und hier sahen die Wonneberger den eigentlichen Grund der ablehnenden Haltung – sprechen nur für ihren Nutzen und verdienen nicht berücksichtigt zu werden. Es ist der Wunsch von 70 Familien, dass der Gottesdienst abwechselnd in Egerdach und St. Leonhard – den einen Monatssonntag in Waging ausgenommen – gehalten wird. Die Wonneberger hatten auch moralische Gründe ins Feld zu führen. Durch den Gottesdienst in den beiden Filialkirchen werde die Sittlichkeit gefördert „weil den zum Trunk geneigten Gutsbesitzern (Bauern) und ledigen Leuten die Gelegenheit abgeschnitten werde, in den Wirthäusern sitzen zu bleiben, bis in den Abend zu schlemmen und erst dann nach Hause zu kehren.“
Die Bittsteller hätten, falls ihrem Ansuchen Gehör geschenkt würde, nicht mehr nötig, während des Gottesdienstes einen Knecht oder eine Dirn das Haus hüten zu lassen und in Sorge zu sein, ob alles in Schranken der Ehrbarkeit bleibe.
Der damals zuständige Dekan von Laufen, Johann Michael Perger, um sein Gutachten befragt, schloss sich der ablehnenden Haltung des Waginger Pfarrers an. Besonders betonte er, dass es „der Bürgerschaft zu Waging, die doch auch Stift und Steuer zahlen muss in ihrer Gewerbschaft ein beträchtlicher Schaden sein würde“, wenn in Egerdach und in St. Leonhard Sonntagsgottesdienste eingeführt werden sollten.
Auch der Pfleger Leopold von Auer führte an, dass den alten Leuten der Gottesdienst zwar zu gönnen wäre, aber die Rücksicht auf die Waginger Wirte, Bräuer, Bäcker und Krämer spreche gegen einen Gottesdienst in den Filialkirchen in Wonneberg und Egerdach. Zudem würde auch die Bergbauern sonst das ganze Jahr keinen Generalbefehl, welcher nur in Waging, Taching und Petting sowie in Otting verlesen wird, hören. Es sei bedenklich, wenn die heranwachsende Jugend gar so selten in den Markt und der Obrigkeit unter die Augen komme. Auch die Pfarrkirche würde empfindlichen Schaden erleiden, wenn ein so großer Teil der Bevölkerung an der Tafelsammlung nicht mehr teilnehme.
Schließlich berief der Laufener Dekan im Auftrag des Salzburger Fürstenbischofs die Bittsteller zu sich nach Laufen, und eröffnete ihnen die Unmöglichkeit, ihrem Wunsche zu willfahren.
Wieder vergingen hundert Jahre und es kam neue und diesmal erfolgversprechende Bewegung in die Angelegenheit. Natürlich waren die Waginger Wirte dagegen und bestachen den Wonneberger Kirchenpfleger Josef I. von H., in ihrem Sinn seinen Einfluss geltend zu machen. Der Reichwimmer Johann Mühlbacher erfuhr von dieser unsauberen Geschichte, trug sie dem Waginger Pfarrer vor und erreichte um 1900, dass die Leonharder endlich ihren Sonntagsgottesdienst bekamen.