(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 36)
Im heutigen Bayern geht es beim Feiertagsstreit, an dem sich kirchliche Vereinigungen, die Parteien, das Ordinariat, Gewerkschaften und die Industriebosse beteiligen, um ein oder zwei Feiertage.
Der letzte regierende geistliche Landesfürst von Salzburg, Erzbischof Colloredo, hat viele Neuerungen eingeführt, ja er schwelgte geradezu im Erlass einer Unzahl von Gesetzen. Die Anzahl der bis dahin gesetzlichen Feiertage beschnitt er drastisch: es wurden abgeschafft Osterdienstag und Pfingstdienstag, die beiden Johannistage (24. Juni und 27. Dezember), das Fest der Unschuldigen Kinder, alle Apostelfeste außer Peter und Paul, Mariä Lichtmess, Mariä Geburt, Mariä Heimsuchung und einige andere. Die Pfleger und die Pfarrer waren angewiesen, eifrig darüber zu wachen, dass an diesen Tagen auch gearbeitet wird; es durften an diesen abgeschafften Feiertagen keine gesungenen Ämter gehalten werden, und zu den noch erlaubten stillen Messen durften die Glocken nicht läuten. Vor allem waren von dieser Neuregelung die Dienstboten betroffen, da sie ja an den abgeschafften Feiertagen neben der notwendigen Stallarbeit jetzt auch noch auf dem Felde arbeiten mussten.
Natürlich regte sich gegen den Erzbischof (von dem es spottweise hieß: "Unser Fürst Colloredo hat weder Gloria noch Credo") Widerstand. 1713 erschien ein Flugblatt mit .dem Titel "Frage, ob die Abstellung der Feiertage zu billigen sei", worin unter anderem zu lesen war: "So geht's, wenn man das Gewissen dem Wohlstand opfert, die Ehre Gottes und das Seelenheil an den Nagel hängt, wenn man anstatt "Veni Creator" (Komm Schöpfer Geist) das "Placebo Domino" (Ich will dem Herrn gefallen) singt." Es ist dies eine Anspielung auf die kurz vorher erfolgte Wahl Colloredos zum Erzbischof, nach der am Kapitelhaus ein Zettel angeklebt wurde: "Wein, Weiber und d'Nacht hab'n unsern Fürsten g'macht." Im Flugblatt war weiter zu lesen: "O ihr perückierten Ochsenköpfe (Erzbischof und Domherren trugen der Sitte gemäß Perücken), habt ihr denn lauter Heu und Stroh unter euren gestrobelten Dächern? Will der Herr an einem Feiertag nachmittag Schlitten fahren, und ist das Schlittengeschirr nicht fertig, so muß es alsbald gefertigt werden und wenn es der Dreikönigstag wäre. Warum dieses? Herrendienste gehen vor Gottesdienste! Will der Herr am Montag auf die Jagd, wird der ganze Sonntag vorher mit knechtlicher Arbeit zugebracht. Warum dieses? Herrendienste gehen vor Gottesdienste! Was könnte unchristlicher gedacht werden? Kommet nur herbei, ihr großen Herren!"
Nachdem diese Schrift eine grobe Beleidigung des Erzbischofs darstellte, wurde eine Untersuchung eingeleitet. Man stellte fest, dass das verwendete Papier aus Salzburg stammte und als Verfasser entpuppte sich der Franziskanerpater Clarentius Bscheider. Er rechtfertigte sich und sagte, er hätte die kirchliche Druckerlaubnis dazu erhalten und zwar vom Priesterhausspiritual, da der zuständige Konsistorialdirektor keine Zeit gehabt hätte. Der Spiritual gab zu, nur die ersten paar Zeilen des Flugblattes gelesen zu haben. Am 27. Februar wurde P. Clarentius in die Gefängniszelle des Priesterseminars eingeliefert und bei Wasser und Brot eingekerkert. Der Spiritual wurde abgesetzt und in ein gottverlassenes Vikariat im Gebirge abgeschoben. Der ganze Franziskanerorden wurde bestraft: ihre Zahl wurde vermindert und sie durften keine Novizen mehr aufnehmen. Die Druckerei wurde konfisziert und dem Waisenhaus geschenkt, der Druckereimeister wurde geächtet und des Landes verwiesen und das auf Lebenszeit.
So hart waren die Strafen, wenn man den Fürsten beleidigte. Die Salzburger haben Erzbischof Colloredo nie geliebt und er mochte die Salzburger nicht. Heute brauchen wir nicht befürchten, dass unser F.J. Strauß jemanden ächtet oder des Landes verweist, wenn er - in der Feiertagsfrage wenigstens - eine andere Ansicht vertritt, als er selbst.