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Warum das Jesuskind nicht in einem Wirtshaus zur Welt kommen wollte

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 63)

 

Andreas Strobl, in Tittmoning geboren, war von 1666 bis 1673 Kooperator in Waging. Seine originellen Predigten sind uns erhalten geblieben. Zu Weihnachten schildert er die Herbergsuche.

„Sie klopften bei allen Wirtshäusern an, es hieß aber: Vor der Tür ist draußen. Niemand nahm sie auf. Hören wir, warum Christus in keinem Wirtshaus habe einkehren wollen: Josef und Maria klopften an beim Weißen Rößl, wurden aber nit eingelassen. Es ward da schon alles besetzt mit gailen Venusbuben. Josef gehet weiter, läutet an in einem anderen Wirtshaus, beim Wilden Mann, hatte aber allda auch kein Unterkommen. Christus verlangte auch nit dazubleiben, denn alles war voll von wilden, zornig und giftigen Leuten so nur fluchten, sacramentierten und gottslästerten. Sie kommen zum Hohen Glas, hatten aber allda auch kein bleibende Statt, denn das ganze Wirtshaus war besetzt mit vollen Zapfen. Sie verfügten sich hin zur Grünen Linden, da konnten sie gar nicht unterkommen, dann das Wirtshaus ohne das voller Leutwar, es ginge das Singen und Springen, das Juchitzen und Schreien dermaßen untereinander, daß einer sein eigenes Wort nit hören konnt. Gingen derowegen weiter und kamen zum Guldenen Mondschein. Christus hatte auch da kein Gefallen, kein Unterkommen, weilen alle Tisch mit Karten, Würfeln und Brettspielen angefüllt, die besten Freund im Spielen sich entzweit, in die Haare geraten, andere in die tiefe Nacht hinein gespielet, und, nachdeme sie all ihr Hab und Gut verspieltet, letztlich gar ihre Seel in die Schanz gesetzt.

Also sehet, gehet es zu in den Wirts- und Bräuhäusern. Da lernet man nichts als volltrinken, ganze Gläser voll Wein und Bier auf einmal ausstürzen, spielen, tanzen, banquetieren, buhlen, sacramentieren und fluchen, die Faulheit und Müßiggang, daß man nit allein zur Arbeit nachlässig, sondern auch zu allem Guten verdrießig wird, mittlerweil in die Armut geratet, alle Zucht und Ehrbarkeit an den Nagl hänget, lieber ins Wirtshaus als ins Gottshaus geht. Es wird erzählt von einem Wirt, welcher für seinen Schild ein großmächtige Weinkandl, so schier einen ganzen Eimer fassete, für das Fenster heraushangend gehabt mit dieser Beischrift: Illa est Remora, dies ist die Aufenthaltung. Also werden da in seinem Wirtshausmittels des guten Tranks aufbehalten, daß sie nit weitergehen und bis in die tiefe Nacht hinein zechen. Welches die Experienz und Erfahrenheit genugsam bezeuget. Gehet hin, fragt manchen Handwerker, warumben er die Arbeit nit ausgemacht und zu versprochenem Termin verfertiget, so werdet ihr zur Antwort bekommen, dieweilen er gemeiniglich am Sonntag ins Wirtshaus gehet und den anderen Tag darauf einen blauen Montag macht, sowie Arbeit an den Nagl hänget. Das ist die Ursach. Fraget diesen oder jenen Saufbruder, warumben er am Sonntag und Feiertag nit zum Gottesdienst kommen, Meß und Predigt versaumbt, so wird das Facit herauskommen: weilen er im Wirtshaus beim Branntwein, Meth oder Bier sitzen geblieben. Das ist die Hindernus. Fragt jenen Jüngling, warum er auf dem Weg der Tugenden und guten Vorsatz so gar nit vorankomme, niemalen frömmer und nur alleweil gottloser werde, so werdet ihr auf den Grund kommen, daß dies die Ursach, weilen er immerzu im Wirtshaus stecket, luedert und alldort durch böse Gesellschaft verführet werde. Aus welchem zu sehen, daß oftermal die Wirtshäuser rechte Lockhäuser des leidigen Satans sind, in welchen er, mittels des Volltrinkens, Spielen, Tanzens, etc. viel tausend Seelen fanget und ins ewige Verderben bringt. Derowegen ein jeder gottliebender Christ lieber zu Haus ein Trunk tun und sich mit einem guten Freund fröhlich machen sollt, als in öffentlichen Tafernen, wo alles über und über geht, auch allerlei Gesindel sich einfindet.“

Dieser vorstehende Auszug aus einer Predigt des 17. Jahrhunderts ist etwa nur der achte Teil der ganzen Predigt. Damals waren diese Predigten zwar endlos lang, aber auch kurzweilig und unterhaltsam und dem damaligen Mangel an sonstiger Unterhaltung entsprechend, mit Erzählungen, Legenden und Märchen ausgeschmückt.