(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 29)
Das heutige Schwemmbräuhaus war also das Gebäude, in dem unsere Vorfahren Verträge abschlossen, wo sie zu Geldstrafen verurteilt wurden und wohin sie ihre Abgaben zu zahlen hatten. Die Stellung des Pflegers entsprach etwa dem des heutigen Landrats mit dem Unterschied, dass der Pfleger weit mehr Vollmachten hatte. Die Installation des Pflegers geschah in einem feierlichen Akt mit Verpflichtung der Untertanen. Im Jahre 1728 betrug die Besoldung des Pflegers von Waging 400 Gulden, freie Wohnung, ein Drittel der normalen Strafgelder und ein Viertel der Strafen für Ehebruch - diese beiden Anteile betrugen im Jahr 1728 40 Gulden - dazu hatte er noch weitere 40 Gulden für das Einbringen der Steuern. Für die Bewirtschaftung des Anwesens in Halmberg wurden ihm 36 Gulden angerechnet.
Der letzte Pfleger von Waging war Nepomuk Jud, vorher Hofmarksverwalter in Bischofshofen. Nachdem 1810 der Rupertiwinkel bayerisch geworden war, erschien im KgI. Bayerischen Salzach-Kreis-Blatt folgende Verfügung (19. Januar 1611):
Wir Maximilian von Gottes Gnaden König von Bayern. Wir haben, um die Verfassung der Fürstentümer Salzburg und Berchtesgaden mit den in den älteren Teilen unseres Reiches bestehenden Formen in Übereinstimmung zu setzen beschlossen und verordnen hiemit: Das Landgericht Teisendorf 1. Klasse, Sitz Markt Teisendorf: dasselbe wird zusammengesetzt aus den bisherigen Pfleggerichten Waging und Teisendorf.
Zur Erhebung der Staatsgefälle (Steuern) bestimmen wir folgende Rentämter:
Das Rentamt Waging, welches die Landgerichte Tittmoning und Teisendorf umfasst (das Landgericht Tittmoning deckte sich mit dem früheren Pfleggericht Tittmoning).
Das Gesetz war unterschrieben von Graf Montgelas. Bereits 1823 wurde das Rentamt Waging aufgelöst und nach Laufen verlegt. Dies geschah deswegen, weil durch die endgütige Grenzziehung 1816 Laufen seines Hinterlandes rechts der Salzach beraubt worden war.
Das ehemalige Pfleggerichtsgebäude wurde mit dem Garten an Michael Granecker, Wirt in Holzhausen (Pfarrei Otting) verkauft, der es aber bereits 1828 wieder an Rupert Leitner aus Anif bei Salzburg veräußerte.
Zu den Gebäuden des Pfleggerichts gehörte auch das "Amtmannhaus". Dieses Haus in der Schmiedgasse neben dem Gasthaus "Seerose" kann von allen Häusern Wagings am meisten von den Geschicken unserer Vorfahren erzählen. Der Amtmann, dem Pfleger unterstellt, war Polizei, Sicherheitskommissar, Richter für die verschiedenen Vergehen und Verstöße. Solange Halmberg Pfleggericht war - bis 1612 - war das Amtmannhaus dort oben. Es ist nicht mit Sicherheit festzustellen, wo es genau lag. Jedenfalls war die Lage für den damaligen Amtmann ungünstig. Er hatte in Waging viel zu tun und musste täglich in den Markt. Deshalb wurde für den Amtmann in Waging ein Haus in der Schmiedgasse gekauft (heute im Besitz von Hugo Holzapfel). Das durch eine schmale Gasse getrennte Gasthaus "Seerose" hieß früher zum "Besteiger".
1685 wurde das Amtmannhaus für die besonderen Zwecke umgebaut und nach dem großen Brand von 1763 nochmal zweckdienlich eingerichtet. Ein Lageplan vom Amtmannhaus liegt im Archiv in München. Im Erdgeschoß waren fünf Kammern eingeteilt, die als "Keuchen" (Arrestzellen) dienten. Über die Stiege, also im 1.Stock waren folgende Räume: die Amtmannstube, dem Gasthaus gegenüber, in der Nordwestecke die Amtmannkammer und in der Südwestecke die Folterkammer.
Aus dem Jahr 1700 liegt eine Inventur der Folterwerkzeuge vor, die im 1.Stock bereit lagen. Diese Werkzeuge wollen wir uns - aus der Entfernung von 280 Jahren - in der nächsten Beilage ansehen.