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Sitten und Gewohnheiten unserer Urgroßväter - Teil 3

(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 60)

 

Lentner, der um das Jahr 1850 unseren Rupertiwinkel mit seinen Bewohnern beschreibt, berichtet auch von der üblichen Nahrung und von der Arbeit: „In der Kost begnügt man sich mit dem einfachsten und gröbsten. Alle Morgen gibt es Suppe und Milch mit Käse und Teig oder sogenannte Saure, d.h. aus sauer gewordener Milch. Um 9 Uhr Brot und Milch, des Winters auch Kartoffeln, mittags täglich Kraut, Knödel und Milch, am Nachmittag Brot mit süßer oder saurer Milch; alle Abende Sauerkraut und Dampfnudeln. An den Sonntagen kommen zu Mittag Weizenknödel und zum Nachtmahl noch eine Suppe; zur Erntezeit Küchel und Krapfen. Fleisch wird zur Kirchweih und Fastnacht, auf Ostern, Pfingsten und Weihnachten gegeben, wo auch gewöhnlich ein Schwein geschlachtet wird.“ Von den Getränken berichtet Lentner, dass man gesammelte Milch in Zubern sauer werden lässt und dass sie an heißen Sommertagen getrunken wird. Auch heißt es, dass die Bauern nicht ungern Bier in den Keller legen.


„Zur Erntezeit beginnt die Arbeit um 2 Uhr morgens und endet spät am Abend, sonst beginnt man um 4 Uhr früh und endet um 7 Uhr abends. Gewöhnlich versieht ein Bauer mit drei Knechten und zwei Dirnen sein großes Gut. Ein Knecht erhält in der Regel 40 – 66 Gulden, dazu zwei Hemden, zwei Schürzen und zwei Paar Schuhe. Die Oberdirn bekommt 18 – 30 Gulden, die Unterdirn 14- 20 Gulden, dazu die Kleidung und einen Lehenlaib. Da es an Taglöhnern fehlt, helfen sich die einzelnen Bauern beim Dreschen aus; bei dieser Arbeit beginnt man gewöhnlich um halb fünf Uhr früh und endet mit dem Gebetläuten. Mit 6 – 8 Dreschern kommt ein guter Bauer von Michaeli bis Weihnachten mit seinem Vorrat zu Ende. All Abend des Winters spinnen die Weiber bei der mit Rapsöl genährten Lampe bis 9 Uhr.“

Auch vom kirchlichen Brauchtum in unserer Gegend berichtet Lentner und schreibt, dass zur Palmweihe ungemein hohe Palmstangen üblich waren. „Am Fronleichnamstag und dem darauf folgenden Sonntag und Donnerstag, welche Kranzltage heißen, werden alle Heiligenbilder und Kruzifixe, alle Lichter, Krüge und sonstige Geräte, die zum Hausaltar gehörten, mit kleinen Kränzen besteckt. Wallfahrten waren zu dieser Zeit ziemlich häufig und zwar nach Altötting, Maria Plain und Maria Eck. Die ‚Betfahrer‘ wurden dabei von den sogenannten Prangerinnen begleitet, wozu 3 Mädchen von 6 bis 10 Jahren ausgewählt wurden, die über ihrem Kleid ein weißes Hemd trugen. In der Mitte und an den Armen waren sie mit roten Bändern gebunden, um das offenen Haar hatten sie ein Band oder häufig auch kleine Kronen aus Wachs. Diese Mädchen überreichten die Opfer, zu denen gewöhnlich auch ihre Kronen gehörten, am Gnadenort.“ Weiter schreibt Lentner: „Man hat eine große Vorliebe für lange und prunkvolle Gottesdienste; es besteht auch die Sitte, während der Messen eine beliebige Anzahl Vaterunser vorbeten zu lassen, das Stück um 3 Kreuzer; besonders für Wöchnerinnen werden solche Andachten als geistliches Bindband angestellt.“

Über die sonstigen Bräuche weiß Lentner nur über Vorweihnachts- und Weihnachstbräuche zu berichten. „Die Rauhnächste werden mit Eifer gefeiert, besonders die am Dreikönigsabend, wo auch wieder die Frau Percht als Kinderschreck zur Sprache kommt. In den Klöpfelsnächten hier Anrollernächte genannt, erscheinen trotz des Verbotes vor einzelnen Häusern immer noch Burschen mit Schellen und Rollen behängt, früher auch vermacht (=vermummt). Sie tragen einen Sack mit sich und singen Spottverse auf die Bewohner. Man sucht sie nun mit Gewalt oder Güte ins Haus zu bringen, indem man diesen Sack faßt und sich mit ihnen hin und her zerrt: gelingt es nicht, sie ins Haus zu zerren, so muß der Sack ihnen mit Obst gefüllt werden. Erklärlicherweise sind Raufereien hier kaum zu vermeiden. Das Sternsingen, das Spiel von Kain und Abel und das Hirtensingen wird, wenn auch nicht mehr allgemein, so doch noch immer betrieben. Am Weihnachtsabend wird der Lehenlaib unter die Hausleute verteilt und anstatt des Abendessens wird mit Kletzenbrot ‚kollazt‘ (Lat. Collatio = Essen mit ganz kalter Küche)“. An öffentlichen Festen erwähnt Lentner nur den Leonhardiritt in der Pfarrei Waging ( = St. Leonhard am Wonneberg) und das Maibaumstecken, das „hi und da“ vorkommt und das „Sunnawendfuir“.