Wenn wir uns die Lebensumstände unserer Wonneberger Vorfahren vor 150 Jahren und früher vorstellen wollen, so hat das, wie wir aus Leonhard Wimmers heimatgeschichtlichen Aufzeichnungen wissen, mit der so gern beschworenen „guten, alten Zeit“ wenig zu tun.
Vor 1848 waren die Bauern in der Regel nicht Besitzer ihrer Höfe, sondern nur Grundholden“ oder „Grunduntertanen“ also Nutzungseigentümer, während das Obereigentum beim Grundherrn lag. Die Wonneberger Höfe hatten 29 verschiedene Grundherren, wobei man, grob gerechnet, je ein Viertel dem Salzburger Erzbischof bzw. einem weltlichen Adeligen, z. B. Graf Törring oder Baron Auer, und den Rest dem Salzburger Domkapitel bzw. einigen Klöstern, z. B. St. Peter, Nonnberg oder Reitenhaslach, oder Kirchen, z. B. St. Leonhard, Waging, St. Zeno in Bad Reichenhall, zurechnen kann.
Leonhard Wimmer zählt und beschreibt etwa zwanzig verschiedene Steuern (Getränkesteuer, Eidsteuer, Türkensteuer), Umlagen und Gebühren (Anleithgebühren bei Hofübergabe), die sich die Grundherren hatten einfallen lassen und die, neben dem Zehent (zehnter Teil aller landwirtschaftlichen Erträge), in Naturalien (Hühner, Eier, Fische, Heu) oder Geld an bestimmten Tagen, z. B. an Martini oder Michaeli, dem Grundherrn „frei Haus“ zu liefern waren. Kopfschüttelnd lesen wir dabei auch von einer „Besthaupt“-Abgabe, welche beim Tod des Bauern den Hinterbliebenen das beste Stück Vieh aus dem Stall holte. Die Begründung dafür war, dass dem Grundherrn durch den Tod des Bauern eine Arbeitskraft verloren ging.
Dazu kamen die Beschwernisse durch die „Scharwerke“ (Frondienste, Hand- und Spanndienste) für den Grundherrn, wie z. B. Holz fällen und führen (transportieren), Kalk, Sand, Steine führen sowie die gesamte Palette der bäuerlichen Arbeiten auf Wiese oder Feld (Mist fahren, ackern, mähen, heuen, Rüben ausziehen, Hanf und Flachs ernten und verarbeiten), Schafe waschen und scheren, Holzbirnen und Eicheln sammeln, Vögel fangen und auf das Fuchsklopfen gehen. Kamen Missernten, Unwetter, Unglück im Stall, Brandfälle, Krankheits- oder Todesfälle, Teuerung oder Kriegseinwirkungen dazu, so wussten die Bauern vielfach nicht mehr ein noch aus.
Die entscheidende Erleichterung für unsere Altvorderen brachte erst das Revolutionsjahr 1848: Am 4. Juni 1848 wurden der Zehent und die Naturalabgaben an den Grundherrn abgeschafft. Der jährliche Natural-Zehent wurde in Geld umgerechnet und musste noch für die Zeit bis zum 31. Dezember 1872 mit 4% Zins jährlich an den ehemaligen Grundherrn voll bezahlt werden, aber danach waren die Höfe abgelöst und die Bauern alleinige Besitzer.