Dem Status einer Filialkirche entsprechend, gab es vor 150 Jahren in den Filialkirchen St. Leonhard oder Egerdach keine Sonn- oder Feiertagsgottesdienste. Eine Ausnahme bildeten nur der Ostermontag sowie der Leonharditag. Die Leute mussten, ob sie wollten oder nicht, sonn- und feiertags nach Waging in die Kirche gehen, an hohen Festtagen meist sogar vormittags und nachmittags. Allerdings gab es seit der Errichtung der ersten Schule in St. Leonhard (1824) wöchentlich zwei Werktagsgottesdienste für die Schulkinder. Diese mussten dadurch noch früher aufstehen als zuvor.
Die vielfältigen Gesuche und Bitten um Einführung von Sonntagsgottesdiensten in St. Leonhard oder Egerdach wurden meist mit dem Verweis auf die weiten, im Winter einem Priester völlig unzumutbaren Wege abgewiesen, aber auch mit dem Argument, dass es nicht gut sei, wenn die „heranwachsende Jugend gar so selten in den Markt und der Obrigkeit unter die Augen komme“. Ganz unverhohlen führte man aber auch als Begründung an, dass die zu befürchtende Verdienstschmälerung der „Waginger Wirte, Bräuer, Bäcker und Krämer“ gegen einen Gottesdienst in den Filialkirchen spreche. Da half auch der durchaus einleuchtende Hinweis nicht, dass durch die Abhaltung von Sonntagsgottesdiensten in den Filialkirchen die Sittlichkeit gefördert werde, wenn einerseits „den zum Trunk geneigten Bauern und ledigen Leuten die Gelegenheit abgeschnitten werde, nach dem Kirchgang in den (Waginger) Wirtshäusern sitzen zu bleiben, bis in den Abend zu schlemmen und erst dann nach Hause zu kehren..“ Andererseits müsse „der Bauer nicht mehr in Sorge sein müsse, ob alles in Schranken und Ehrbarkeit bleibe“, wenn er während des Gottesdienstes einen Knecht oder eine Dirn das Haus hüten lasse. Nicht einmal das Angebot der „Bergbauern“, einen freiwilligen finanziellen Beitrag „zur Haltung eines zweiten Priesters“ zu leisten, hatte Erfolg. Bis etwa 1900 gab es in St. Leonhard keinen Sonntagsgottesdienst.
Doch nicht nur im Leben, sondern auch im Tod waren die Wonneberger untrennbar mit ihrer Mutterkirche in Waging verbunden. Um 1850 besaß die Filialkirche St. Leonhard noch keinen eigenen Friedhof. Die Verstorbenen wurden auf dem Waginger Friedhof beigesetzt. Auch deswegen hatten die Wonneberger bei ihrem Streben nach eigenen Sonntagsgottesdiensten in St. Leonhard schlechte Karten; denn der nach der Sonntagsmesse obligatorische Gang zum Familiengrab konnte nur in Waging stattfinden. Und das blieb noch gut siebzig Jahre so.