(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 06)
In den letzten Beilagen haben wir gesehen, dass 1784 zu St. Leonhard auch am Ostermontag Ritte abgehalten wurden; im Schreiben des Pfarrers von Waging von 1847 hören wir zwar davon nichts mehr, aber noch 1882 kamen die Pferdebesitzer der Pfarrei am Ostermontag zur Frühjahrssegnung und am Leonharditag, wie aus einem Brief des Pfarramts zu ersehen ist.
1847 kamen neben den Wagingern die Siegsdorfer, die Laufener, Traunwalchner, Ostermiethinger, Inzeller und Teisendorfer, bis 1880 kamen hinzu die Weildorfer (am Pfingstdienstag) und die Surberger (am 1. Mai). Die Laufener kamen nicht mehr.
Am 17. März 1882 ergeht an den Pfarrer von Waging folgender Brief: "Das Ordinariat des Erzbistums München und Freising beauftragt hiermit das Pfarramt Waging um Auskunft, ob zur Kirche St. Leonhard in der Pfarrei Waging auswärtige Wallfahrtszuge erschienen oder angemeldet werden sind, und welche Erfahrungen das Pfarramt Waging bezüglich etwaiger Missbräuche hierbei gemacht hat".
Die ausführliche Antwort des Pfarrers zeigt, dass sich die Rittordnung seit 1847 doch etwas geändert hat:
"Gemäß gnädigen Auftrags beehrt man sich, gehorsamst zu berichten, dass vor dem 10. Mai 1881 (d.i. der Tag des neuerlichen Verbotes) zur Kirche St. Leonhard alljährlich in Wallfahrtszügen kamen:
- die Pfarrei Surberg am 1.Mai
- Siegsdorf am 3. Mai
- Weildorf am Pfingstdienstag,
- Traunwalchen am Donnerstag nach Pfingsten,
- Ostermiething am Samstag nach Pfingsten,
- Teisendorf am Jakobitag,
- Inzell am Bartholomäustage.
So der 1. Mai, der 3. Mai, der Jakobi- oder der Bartholomäustag auf einen Sonntag fallen, kamen die Genannten an einem der nächsten Werktage. Die Weildorfer kamen früher am 24. Juni und brachten einen Geistlichen selber mit.
In letzter Zeit kamen regelmäßig nur die Traunwalchner und Inzeller in Begleitung ihrer Geistlichen. Jedesmahl hatte jedoch auch der hiesige Cooperator an diesen Tagen in St. Leonhard zu zelebrieren. Die Traunwalchner und Ostermiethinger brachten nie Pferde, wohl aber die anderen. Am Ostermontag und St. Leonhardstag brachten die Besitzer der Gemeinden aus der Umgebung ihre Pferde. Bei den Wallfahrtszügen kamen die Priester gewöhnlich auf einem anderen Wege und früher zu Kirche als die Leute. Die Pferde wurden gewöhnlich geritten oder auch an der Hand geführt und in der Reihe im Kirchhof aufgestellt. Nachdem die Wallfahrer in die Kirche eingezogen waren, wurde den Reitern eine Kirchenfahne entgegengetragen und die Pferde wurden paarweise bis zum Kirchenportale geführt, wo der Geistliche in Chorrock und Stola die Benediktion Rituale minor Nr. 40 betete und jedes vorüberziehende Paar eigens besprengte. Sobald ein Paar den Weg um die Kirche gemacht hatte, wurde es aus dem Kirchhofe durch den Ausgang entfernt. Wagen oder ganze Gespanne kamen nie und es konnte auch nach Lage der Kirche und des Ortes eine Umfahrt nicht statthaben.
Bis die Pferde untergebracht waren, begann in der Kirche das hl. Amt für die betreffende Gemeinde, am Ostermontag und am Leonhardstage wurde auch Predigt gehalten. Bis in die 70er Jahre war ein Wirtshaus nicht im Orte". (Das Wirtshaus "St. Leonhard", heute Eder, wurde 1875 vom Mößbauerssohn Georg Maier und Franziska Zeiser erbaut). "Mitunter schenkte ein Wirt der Nachbarschaft im Freien Bier aus.
Die Vorschrift über den Aufenthalt bei Bittgängen ward eingehalten, einige zogen sogleich nach geendigtem Gottesdienst wieder fort, auch in der letzten Zeit und von einer merkbaren Unordnung, nicht einmal (!) von einem Unglück wurde etwas vernommen."