(Beilage zum Kirchenanzeiger Nr. 4)
Der Roßsegen unterscheidet sich von allen anderen Segnungen durch die feierliche Form, in der er gespendet wurde. Man könnte fast von einer Weihe und nicht einer Segnung sprechen. Segnung bedeutet ja, die Gnade Gottes auf ein Tier oder einen Gegenstand herabrufen, Weihe hingegen, ein Geschöpf oder einen Gegenstand (z.B. eine Kirche) in den Dienst Gottes zu stellen. Besonders in den altbayerischen Diözesen Passau, das ja bis 1785 auch ganz Ober- und Niederösterreich umfasste, und Salzburg, wozu auch unsere Gegend zusammen mit Kärnten und der Steiermark gehörte, wurde der Pferdesegen in der gleichen feierlichen Form und zum Teil sogar im gleichen Wortlaut gespendet, wie die Salz- und Wasserweihe am Vorabend des Dreikönigstages. Es war sogar üblich, die vor die Kirchentür geführten Pferde unter Auflegung der Hände des Priesters mit soeben geweihtem Wasser zu besprengen, wo die feierliche Segensformel gesprochen wurde. Es ist klar, dass sich dabei viel Aberglauben breit machte und so verbot der Passauer Bischof 1470 die Weihe, wiederholte das Verbot auf einer Synode 1490, während der Salzburger Erzbischof 1496 die Weihe neu anordnete.
Der Roßsegen, der, wie aus dem Schreiben des Pfarrers von Waging hervorgeht, noch 1347 im Gebrauch war, stammt aus dem 11. Jahrhundert und lautet (aus dem Lateinischen übersetzt):
„Lasset uns beten: Wir erflehen demütig deine Barmherzigkeit, dass du diese gegenwärtigen Pferde in deinem Namen mit deiner Kraft deines Segens vor allem teuflischen Betrug, vor seiner Macht und vor jeder Krankheit bewahren mögest. O Herr, sei du ihnen Verteidigung und Stütze des Lebens und das Heilmittel für ihre Gesundheit und vermehre sie durch die Güte deiner Barmherzigkeit, damit dein heiliger Name verherrlicht werde in Ewigkeit. Amen. Lasset uns beten: Erhöre uns o Herr, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott, wie du die Häuser der Hebräer beim Auszug aus Ägypten mit dem Blute des Lammes besprengt und vor dem Würgenengel bewahrt hast, so würdige dich, deinen heiligen Engel von Himmel zu senden, der diese Pferde behüte, beschütze und bewahre vor Feuer und Krankheit, vor Gewitter und vor dem kommenden Zorn, vor Räubern und Dieben, vor umherschweifenden wilden Tieren, vor Räude, Krankheit und Bissen, vor Schlingen, vor dem Teufel und seinen Knechten, vor den Nachstellungen aller sichtbaren Feinde, vor dem Neid und der Tücke böser Menschen, vor verborgenen Übel und Missetätern, vor Giftmischern und allem teuflischen Blendwerk, wie es auch ausgeführt und veranlasst sein möge, damit dein heiliger und glorreicher Name gelobt und verherrlicht werde durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Eine aus Freising stammende Segensformel, ebenfalls entstanden im 11. Jahrhundert, zählt zu den Übeln, vor denen die Pferde geschützt werden sollen, noch den „Bösen Blick“, – wie er heute noch in den Südländern gefürchtet ist – die (heidnischen) Opferschauer – aruspices – und die Verhexung.
Das Rituale Romanum aus dem Jahre 1896 hat die Segensformel stark abgeschwächt und die seit 1930 übliche nimmt sich gegen den früheren etwas blutarm aus. Sie lautet:
„Herr Gott, König des Himmels und der Erde, Wort des Vaters, durch das alles Geschaffene unserer Fürsorge anvertraut ist, schaue, so bitten wir, auf unsere Schwachheit, so wie du unseren Mühen und Bedürfnissen seine Hilfe gewährst, wo wollest du durch dein gütiges Erbarmen und mit himmlischem Segen diese Tiere segnen, beschützen und behüten und deinen Dienern mit zeitlichen Gütern deine immerwährende Gnaden erweisen; damit durch unsere Danksagung dein heiliger Name gelobt und verherrlicht werde, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Lasset uns beten: Mögen diese Tiere, o Herr, deinen Segen empfangen, damit sie dadurch gedeihen und durch die Fürbitte des heiligen Leonhard von allem Übel befreit werden. Amen.“