Mit dem Rad von Florenz nach Assisi
Die Radpilgerreise des Pfarrverbandes Waging von Florenz nach Assisi war für alle Teilnehmer ein besonderes Erlebnis. Nach Anreise mit Bus nach Prato, einem kleinen Städtchen nahe der toskanischen Hauptstadt Florenz, macht sich tags darauf die 25-köpfige Fahrradgruppe mit Gemeindereferent und Organisator, Martin Riedl, nach einem religiösen Morgenimpuls zur 1. Etappe auf den. Weg. Die Silhouette von San Gimignano, des „Manhattan der Toskana“, zeichnet sich mit ihren vielen und hohen Türmen schon aus weiter Entfernung ab. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf das Umland. Natürlich gehört auch der Eisdielenbesuch beim Eisweltmeister in der Gelateria Dondoli dazu. Die Weiterfahrt zu unserem Ziel in Poggibonsi ist zum Teil etwas beschwerlich, weil wir fast nur auf Schotterstraßen unterwegs sind. Das erste gemeinsame Abendessen nehmen wir in einer Pizzeria ein; unsere Bedienung mit Namen Rose regt uns spontan zum Singen an und lauthals schmettern alle mit: „Rosi, i hol di mit meim Traktor ab“. Weitere bayerische Lieder sorgen für ausgelassene Stimmung und runden einen wunderschönen Tag ab.
Gedanken zum Leben des hl. Franz v. Assisi als Morgenimpuls begleiten uns zur 2. Etappe, die uns quer durch die waldreiche Toskana über den Apennin führt und durch viele Anstiege für manchen durchaus eine Herausforderung ist. Eine kleinere Gruppe nimmt noch eine zusätzliche Wegstrecke auf sich, während der Rest mit dem Bus zum Hotel in Arezzo weiterfährt. Dort kann man bei einem Spaziergang am späten Nachmittag noch die Schönheit dieser Stadt erleben; manche erinnern sich an den teuren Wein, den sie in einem eleganten Straßenlokal genossen haben.
Am nächsten Tag geht es weiter - diesmal mit dem Bus – zur Fattoria la Vialla, wo uns die aus Deutschland stammende Steffi mit viel Freude und Sachwissen durch die Ölpresse und den Weinkeller führt. Anschließend warten köstlich zubereitete Brotzeitteller und guter Wein im idyllisch gelegenen Olivenhain auf uns Besucher, bevor wir mit dem Bus ins Gästehaus der Franziskanerinnen zur Übernachtung nach La Verna weiter fahren. Dort ergibt sich mit den jungen rührigen Schwestern trotz gewisser Sprachhürden ein angeregter Plausch an Theke.
Aus Anlass der 800-jährigen Stigmatisation des Franz von Assisi wird in Santurio La Verna ein feierliches Pontifikalamt abgehalten, dem wir mit den vielen kirchlichen Würdenträgern, Mönchen, Nonnen und Gläubigen beiwohnen können.
Trotz unsicheren Wetters und Start bei leichtem Nieselregen lassen wir uns von der geplanten Radstrecke nicht abbringen , müssen nur nach der Mittagspause bei starkem Regen noch ca 20 km zurücklegen, bevor uns der Bus zu unserem nächsten Ziel bringt. Das „Anlegerbier“ in Santa Maria degli Angeli schmeckt an diesem Tag besonders gut.
Am 6. Tag steht uns mit 75 km die längste Wegstrecke bevor. Nach einem gemeinsamen Lied und spiritueller Anregung im Bus fahren wir auf schwierigen Waldwegen und ziemlich unwegsamem Gelände den Tiber entlang. Glitschige, steile Anstiege, mit Schranken versperrte Wege und vom Wasser aufgeweichte Wiesenwege fordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Doch mit der hilfsbereiten Gemeinschaft meistern wir alle Hürden.
Und dann liegt unser Ziel vor uns: Auf halber Höhe – einer Festung gleich – erblicken wir Assisi. Nach einem letzten schweißtreibenden Anstieg mit Rad und zu Fuß stehen wir schließlich müde, aber glücklich vor der mächtigen Basilika San Francesco.
Tags darauf erklärt uns Pater Thomas bei der Führung durch die doppelstöckige Basilika in der Unterkirche eine Gegenüberstellung der Passion Christi mit Ereignissen aus dem Leben des Franziskus. Franziskus zeigt eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber den Ärmsten und den Einsamsten und war wegen seines Frohsinns und seines weiten Herzens sehr beliebt. Hier in der Unterkirche begegnen wir auch dem Heiligen. Vor seinen sterblichen Überresten, die über dem Altar in einem steinernem Sarg verwahrt werden herrscht andächtige Ruhe. In der Oberkirche wird unter anderem das beispielhafte Leben des Franziskus nach den Evangelien mit der biblischen Heilsgeschichte in Verbindung gebracht.
Schwester Andrea vom Orden der Franziskanerinnen von Sießen führt uns zu weiteren Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir stehen vor der Kathedrale San Rufino mit der herrlichen Fassade, neben der das mutmaßliche Haus der hl. Klara gestanden hat. Die Heilige ist ebenso wie Franziskus aus dem bürgerlichen Leben ausgestiegen und verzichtete auf materielle Dinge, um in Armut mit Gott und für die Menschen in klösterlicher Gemeinschaft zu leben. Wir besuchen San Domiano, wo die moralische und soziale Wandlung des Franziskus erfolgte und wo sein berühmter Sonnengesang entstand. Hier ist auch der Sterbeort der hl. Klara.
Der Kreuzgang, einfach und harmonisch gebaut, ist eine Stätte des Friedens, wo sie den eindringenden Sarazenertruppen mutig entgegentrat, so dass diese die Flucht ergriffen.
Beeindruckend ist unsere Fahrt mit dem Rad am frühen Morgen bei halber Dunkelheit durch das menschenleere Assisi - tagsüber sind ja Tausende von Touristen dort - , um bei den Deutschen Schwestern von S. Croce eine gemeinsame Morgenmesse in deutscher Sprache zu feiern. Ebenso beeindruckend ist es auch, mit dem Rad am Monte Subasio zu den Einsiedeleien hochzufahren, wohin sich Franziskus zurückzog, um Kraft für seinen Auftrag zu schöpfen.
Eine Pilgerreise mit dem Rad geht zu Ende: Gott sei Dank ohne Unfälle, aber mit vielen Eindrücken und einer bleibenden Erinnerung.
Dank gilt allen: der hilfsbereiten und tollen Gemeinschaft, dem umsichtigen Busfahrer, Hilde, die als „Schlusslicht“ der Tour für die nötige Sicherheit sorgte und Martin, der als Guide uns auf eindrucksvollen und abwechslungsreichen Strecken jeweils sicher zum Ziel führte.
Es war ein tolles Erlebnis für alle, mit dem Rad auf den Spuren von Franz v. Assisi unterwegs zu sein.
Paul Mader